Gehören Sie zu den Menschen, die nicht aufhören können, sich über sich selbst ärgern?
Sollten Sie sich auch die Frage stellen "Wie ärgere ich mich nicht mehr über Vergangenes und über Dinge, die ich selbst gemacht oder entschieden habe?"
Dann erfahren Sie hier:
In einem Newsletter habe ich vor kurzem berichtet, wie ich mich vor lauter Enttäuschung über andere ärgere. Danach stellte mir eine Leserin folgende Frage: “Ich ärgere mich nicht so sehr über andere Leute, aber ich kann mich noch Jahre später über mich ärgern. Über Dinge, die ich getan oder die ich entschieden habe. Und dann sitze ich da und kann das nicht loslassen. Könntest du da mal drüber schreiben?”
Das hat mich mehrere Wochen immer wieder beschäftigt. Deshalb ist der Artikel heute ziemlich lang und ich gestehe, es wird sogar eine Fortsetzung geben. Falls Sie also keine Lust zu lesen haben, hier der Link zu einem 10-minütigen Video, in dem ich das Thema bespreche.
(Ich bin übrigens total stolz – ich habe es geschafft 💪, den Film mit einer Transkriptions-Software in geschriebene Worte umwandeln zu lassen und bin immer noch begeistert über die technischen Möglichkeiten…)
Sie wissen vielleicht, ich bekenne mich als Rumpelstilzchen. Das heißt, ich ärgere mich durchaus über mich selbst. Allerdings kurz, ich sause die Palme hoch und komme schnell wieder runter.
Diese Leserin bleibt wohl in ihrem Ärger auf der Palme sitzen.
Warum können wir nicht loslassen?
Was steckt da genau dahinter, denn Menschen machen nix ohne Grund?
Es könnte bedeuten, jemand ist nicht zufrieden mit dem Ergebnis einer Entscheidung oder einer Handlung, die er oder sie irgendwann in der Vergangenheit getan hat. Jetzt müssen wir überlegen: Wie ist diese Entscheidung oder die Handlung damals zustande gekommen? In der Regel aufgrund von Überlegungen, Beobachtungen, manchmal auch einfach aus einer blitzschnellen Reaktion heraus.
Dann sagen oder tun Menschen etwas– manchmal auch nichts und das ist dann das Ärgerliche - und müssen danach mit den Folgen leben. Oft ist das nicht leicht, manchmal grollen wir uns, weil wir im Laufe der Zeit neue Informationen erhalten oder an den Konsequenzen merken, dass wir nicht alle Folgen in ihrer Tragweite bedacht haben.
Strafzettel in die Vergangenheit
Wenn jemand jedoch immer wieder zurückschaut und mit seinem Tun hadert, dann sage ich gerne: Das ist so, als ob ich mit dem Wissen, welches ich inzwischen erlangt habe, einen Strafzettel in die Vergangenheit schicke. So ähnlich, als ob Ordnungsbehörden einen Strafbefehl an alle Kneipen-Raucher in die 80er-Jahre schicken würden. Ein Tatbestand, der damals aber erlaubt war, auch wenn es heute verboten ist.
In diesem Fall wäre der Aufschrei groß, wir alle würden die Ungerechtigkeit erkennen. Beim inneren Geschehen ist das nicht so leicht.
Was genau hinter dem (Eigen)-Ärger stecken kann
Jemand kommt nicht über Vergangenes weg und ärgert sich. Warum ärgern? Meiner Erfahrung nach steckt wahrscheinlich eine andere Emotion darunter. Das habe ich immer wieder bei mir feststellen müssen – und dann auch bei anderen Menschen bemerkt.
Inzwischen frage ich mich, wenn ich mich über mich ärgere, ob es nicht in Wahrheit so ist, dass ich mich schäme. Schäme über das, was ich getan, gesagt habe oder was ich vielleicht vergessen habe zu tun oder zu sagen.
Korkenemotion Ärger
Ganz ehrlich: Schämen ist ein extrem unangenehmes Gefühl und von daher nutze ich (unbewusst) gerne diesen Dreh und gehe lieber in den Ärger. Denn im Ärger – der ein Teil der Kampf-Reaktion im Stresserleben ist - werden aktivierende Hormone ausgeschüttet wie Adrenalin und Noradrenalin. Das lässt uns handlungsfähig werden und wir fühlen uns belebter.
Das ist wesentlich angenehmer als das bescheidene Gefühl der Scham. Ich persönlich habe da immer so ein Wurmgefühl und würde vor Scham am liebsten im Boden versinken.
Das will ich nicht spüren!
Bevor ich mich winde, lieber so ein schöner heißer Wutanfall…
…weil es in meiner Macht stand
In der Mail ging es dann weiter: „Äußere Umstände, was andere tun oder lassen, das kann ich relativ gleichmütig ertragen, weil es nicht in meiner Macht steht, dies zu ändern. Aber bei allem, was mich selber betrifft, ärgere ich mir noch Jahre später ein Loch in den Bauch.“
Was passiert hier eigentlich? Da kann jemand nicht loslassen, da bekriegt sich jemand und packt all das, was in ihren oder in seinen Augen falsch entschieden wurde, in einen großen Koffer hinein und schleppt diesen Koffer sich selbst hinterher. Die ganze Zeit ist ein Teil der Persönlichkeit beschäftigt sich selbst diese alten Geschichten nachzutragen: „Ich hätte es anders machen müssen…!“
Dadurch ist jedoch ein großer Teil der psychischen Energie besetzt und steht nicht zur Verfügung, um im Heute, Hier und Jetzt zu leben und etwas zu ändern.
Hmmm, und was daraus machen?
Also die bessere Umgangsweise ist anzuerkennen: Was geschehen ist, ist geschehen!
Sich selbst zu sagen: „Damals hatte ich Gründe, mich so entschieden zu haben, so gehandelt zu haben. Damals wusste ich es nicht besser, konnte es nicht besser. Es ist geschehen und es hat mich in diesen Moment gebracht, ins Heute, Hier und Jetzt.
Dann könnte ich mir im Heute, Hier und Jetzt anschauen: Was gefällt mir denn in meinem Leben nicht? In welcher Situation bin ich heute? Aufgrund dieser alten Entscheidung, wo ich heute aber feststelle: „Da will ich gar nicht sein!“
Und statt wieder den Blick in die Vergangenheit zu richten – sozusagen die verschüttete Milch zu beklagen, die wir nicht mehr einsammeln können – überlegen: „Gut, die Gegenwart gefällt mir nicht. Wie soll denn meine Zukunft sein?“
Wie wäre es denn schön?
Manchmal fällt es Menschen schwer, sich ein positives Bild für ihre Zukunft zu erschaffen. Denn vielleicht sind so viele Enttäuschungen passiert, dass man sich gar nicht mehr traut, sich etwas Schönes vorzustellen. Oder noch Schlimmer, dass die Fähigkeit zu spüren, was man wirklich will, vor lauter Nachtragen und Ärgern verschüttet gegangen ist.
Denn was ich wirklich will, das spüre ich nur in positiven Gefühlen.
Wenn ich jedoch hadere, wenn ich mich über mich ärgere, mir grolle, nachtragend bin, dann komme ich nicht dahin zu spüren: Was würde mir denn Freude machen? Wann wäre es denn schön?
Solange der „Fehler-Zoom“ im Gehirn eingeschaltet ist, - aktiviert durch die schlechten Gefühle, die ich habe - kann ich nur das sehen, was in irgendeiner Art gefährlich ist.
Da braucht man manchmal die Hilfe einer Freundin, eines Freundes, manchmal sogar von einem Profi wie einem Coach. Um rauszufinden: Was will ich?
Um aufzuhören in die Vergangenheit zu schauen und zu erkennen, was passiert JETZT in meiner Gegenwart. Wie komme ich von diesem Punkt, an dem ich gerade bin, dahin, wo ich hinmöchte? Was wäre denn der erste winzig kleine Schildkröten-Trippelschritt, den ich in diese Richtung machen könnte?
Schildkröten-Trippelschritte
Denn wenn wir den Weg in kleinste Schritte herunterbrechen, dann sagt selbst dieser enttäuschte Teil in uns: „Oh, das ist so klein, das schaff ich! Und wenn ich diesen ersten Trippel-Schritt getan habe, dann kann ich mir überlegen: „Okay, und wie geht es jetzt weiter in die Richtung meines Ziel?“ Dann den nächsten klitzekleinen Schritt und noch einen. Auch hier brauchen wir manchmal Unterstützung von Menschen, die nicht in unserem Problem kleben.
Was auf alle Fälle notwendig ist: anders mit sich umzugehen. Mit Selbstmitgefühl!
Machen Sie sich klar, Sie treffen und trafen Entscheidungen nicht aus Jux und Dollerei oder weil sie blöd sind; sondern Sie treffen sie aus dem Werkzeugkoffer heraus, den Sie sich in Ihrem Leben zugelegt haben. Manchmal brauchen wir jedoch Werkzeuge, die wir noch nicht erlangt haben und dann brauchen wir die Zuversicht, dass wir sie erlernen können. (Psst: gute Nachrichten: die Hirnforschung sagt, dass wir das alle können 😉.)
Übrigens, ich habe aufgehört zu glauben und mir zu sagen, dass ich Dinge falsch mache, dass ich Fehler mache. Ich mach keine Fehler mehr!
Was ich allerdings häufig mache, sind Dinge, die mich nicht dahin bringen, wo ich hinmöchte. Ich sage oder tue etwas, mit dem ich meine Ziele nicht erreiche. Seitdem ich mich nicht mehr mit „ Alles falsch gemacht, Fehler, versagt…“ abwerte, sondern denke: „Ah, SO hat es NOCH nicht funktioniert,“ fällt es mir viel leichter etwas anderes auszuprobieren, weiterzumachen und meine Ziele zu erreichen.
Zum Selbstmitgefühl kommt demnächst mehr.
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Herzliche Grüße
Carmen Reuter
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