Vor kurzem habe ich ein Fachbuch gelesen, das schon lange auf meinem Bücherstapel lag „Schattenarbeit" von Debbie Ford. Gleich in der Einleitung stolperte ich über: „Die größte Sünde ist vielleicht das ungelebte Leben.“
Wie?
Sünde? In meiner christlichen Familien-Sozialisation und ganz allgemein im Deutschen ist Sünde ein Hammerwort. Sofort anklagend, augenblicklich erschlagend. 😟
Doch wenn wir uns die Herkunft des Wortes "Sünde" anschauen, ergibt sich ein differenzierteres Bild. Das Wort kommt vom Englischen ‚sin‘ und ist ein Begriff aus dem Bogenschießen.
Er bedeutet: am Ziel vorbeischießen, das Ziel nicht treffen. "Sin" wiederum lässt sich zurückverfolgen ins Griechische und Lateinische und bedeutet dort: Stolpern, einen Fehltritt tun, oder Straucheln, Zögern.
Im Leben stolpern oder einen Fehltritt tun
Klingt menschlicher, oder? Wobei Fehlermachen ist in unserer Kultur auch negativ behaftet.
Warum mich das so beschäftigt?
Die Menschen, die ich bei meinen Workshops und Vorträgen rund um Gesundheit und miteinander arbeiten treffe, versuchen angestrengt die Erwartungen der Arbeitswelt und ihres Umfeldes zu erfüllen. Sie erleben sich dadurch gehetzt und getrieben.
Doch, wer gibt den Takt vor?
Sitzt da wirklich jemand mit der großen Pauke wie bei Asterix auf den Galeeren, der einen immer schneller werdenden Takt schlägt?
Der Berliner Philosoph Byung Chul Han schrieb schon 2010, dass wir keine Sklaventreiber mehr brauchen, da wir uns zu Selbstausbeutern entwickelt haben.
Hmm, wenn wir diese Entwicklung angenommen haben, dann könnten wir - ich bleibe hier mal im Konjunktiv - das doch auch wieder ändern … Oder?
Aber:
- das geht doch niemals…
- die Welt ist doch so…
- wenn ich das alleine versuche, dann …
Ja, was dann? Drohen Arbeitslosigkeit oder die Verdammnis der Ausgestoßenen? Oder welche Katastrophenszenarien entwirft Ihr Verstand?
Genauer gesagt spreche ich hier von den Persönlichkeitsanteilen, die wir zum Beispiel den inneren Kritiker und die Antreiber nennen. Diese setzen uns unter Druck, indem sie
- Horrorszenarien aufzeigen (ein beliebtes Thema: „Dann werde ich unter der Brücke landen“ 😱),
- uns mit Regeln zu zwingen versuchen („Erst die Arbeit, dann‘s Vergnügen“ oder „Mach‘s richtig oder gar nicht!“😲)
- und dann sofort das unglückliche Bild des Losers und der Versagerin ausmalen. 😥
Mit diesen Selbstsabotage-Gedanken halten wir uns im Hamsterrad des stetigen Tuns.
Pausen sind völlig überschätzt und schlafen können wir, wenn wir tot sind …
Hä?
Das trifft übrigens auch Menschen, die ihr Arbeitsleben beendet haben. Bei vielen spricht man vom Un-Ruhezustand.
Doch lassen Sie mich noch einmal zur Sünde des ungelebten Lebens zurückkehren. In meinen Workshops frage ich inzwischen häufig: „Leben Sie, um zu arbeiten? Oder arbeiten Sie, um zu leben?“
Kennen und leben Sie diesen Unterschied?
Was macht die Qualität Ihres Lebens aus?
Werden Sie am Ende Ihres Lebens zurückschauen mit einem zufriedenen Gefühl? Dem Bewusstsein das Beste aus Ihrem Leben gemacht zu haben und das bedeutet immer:
- 🎯 sich entwickelt zu haben, gewachsen zu sein
- 🎯 einen Sinn im Leben gefunden zu haben
- 🎯 und fast immer der Welt etwas zurückgegeben zu haben
Haben Sie Ihr Ziel getroffen? 🎯
Viele Menschen ab der Lebensmitte blicken auf ihr Leben und haken innerlich Kästchen ab:
- ✅ Partnerschaft
- ✅ Familie
- ✅ Eigentum
- ✅ Karriere
- ✅ Sonstiges
Nicht alles wird davon als Erfolg bewertet, doch zumindest versucht hat man es.
Dazu ein Zitatfund vom weisen Wilhelm Busch - er hat nicht nur Max und Moritz erschaffen 😉:
„Frühling, Sommer und dahinter gleich der Herbst und bald der Winter - ach, verehrteste Mamsell, mit dem Leben geht es schnell.“
Lassen Sie es nicht verfliegen und kümmern Sie sich gut um sich und Ihre Bedürfnisse!
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