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Schluss mit Perfektionismus und Versagensangst! Ursachen, Selbsttest, Tipps


Aktualisiert:

23/07/2025

Erstellt:

20/03/2020

Lesedauer:

6 Min.

Perfektionismus & Versagensangst: Symbolbild. Frau hält sich gestresst den Kopf.

Perfektionismus und Versagensangst machen vielen zu schaffen: Immer häufiger erlebe ich in Coachings und meinen Workshops Menschen, die unter dem Diktat „alles perfekt machen zu müssen“ in die Knie gehen. Denn der übertriebene Drang nach Perfektion hat heute nahezu alle Lebensbereiche erfasst: Beruf, Familie und Partnerschaft, Hobbys, Fitness und Aussehen.

In diesem Blogartikel erfährst du, was die Ursachen für Perfektionismus & Versagensangst sind; wie du herausfindest, ob du zu Perfektionismus neigst; und wie du den Perfektionismus überwinden kannst.

Die Ursache von Perfektionismus und Versagensangst: Hoher Anspruch an uns selbst

Auf uns lastet ein unablässiger Optimierungsdruck. Einerseits machen wir uns diesen Druck selbst, indem wir in allen Lebensbereichen hohe Erwartungen an uns haben: Wir möchten die perfekte Familie und Partnerschaft haben, außergewöhnliche Hobbys vorzeigen können, einen durchtrainierten Körper haben und gut aussehen.

Fangen wir mit dem Privatleben an:

  • Die Hobbys, die uns eigentlich entspannen sollen, machen uns Druck: 
    • Fitness-Tracker haben uns fest im Griff, indem sie permanent Feedback darüber geben, wie konsequent wir unsere Trainingspläne umsetzen.
    • Auf Blogs und Sozialen Medien sehen wir jede Menge Menschen, die scheinbar mühelos die tollsten Plätzchen backen, Regale zimmern und ganze Garderoben schneidern. Viel schöner und besser, als wir es hinbekommen. Und dabei makellos aussehen. Perfekt eben.
  • Die Sozialen Medien üben einen enormen Druck auf uns aus. Wir werden ständig mit einer Flut an Bildern von perfekt aussehenden Menschen mit Familien in perfekt wirkenden Szenarien konfrontiert. Ganz automatisch passiert es, dass wir uns vergleichen. Wir wollen mithalten.
  • Nicht mal beim Netflix-Abend lässt der Druck nach: Die Bilder von schönen Menschen sind einfach zu verlockend. Klar wissen wir, dass sie retuschiert sind. Aber ein bisschen mehr Make-up, eine stylischere Bluse, mehr Sport – hach, das sollten wir doch hinbekommen!

Dazu kommen berufliche Erwartungen

  • Im Beruf soll man Höchstleistungen erbringen, hohe Gewissenhaftigkeit zeigen, Karriere machen. Wir wollen erfolgreich sein, Geld verdienen, und diesen Erfolg auch nach außen zeigen. Locker lassen? Tempo rausnehmen? Fehler machen, Misserfolge eingestehen? Lieber nicht. Das könnte als Schwäche ausgelegt werden, als Versagen. Als Scheitern.

Das alles ist Dauer-Stress: Wenn wir die Ideale nicht erfüllen, nicht perfekt rüberkommen, droht Ablehnung, im echten Leben oder als Shitstorm auf Social Media. Das wollen wir nicht. Also müssen wir uns noch mehr anstrengen!

Du merkst, worauf ich hinaus will: Sowohl im Privatleben als auch im Beruf stehen wir unablässig unter dem Druck, perfekt zu sein und uns zu beweisen. Druck von uns selbst, und Druck von außen. Das Ergebnis: Wir schrauben unsere Ansprüche an uns selbst immer weiter in die Höhe.

Dazu kommt die Versagensangst; also die Angst, die Ansprüche, die wir selbst an uns stellen, nicht zu erreichen. Für unser perfektionistisches Streben sind wir nie gut genug. Es sind verflixt hohe Standards, die wir erreichen wollen!

Der Soziologe Heinz Bude spricht hier von der „Generation Null Fehler“: Wir glauben, keine Fehler machen zu dürfen. Wir müssen perfekt sein, um mithalten zu können.

Ob dieser Perfektionismus anstrengend ist? Oh ja. Immens anstrengend! Denn: Ehrgeizig zu sein und alles perfekt machen zu wollen, das ist Kräfte raubend!

Risiken von übermäßigem Perfektionismus und Versagensangst

Einen ausgeprägten Hang zum Perfektionismus und Versagensangst sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen: Perfektionismus ist ein direkter Weg ins Burnout!

Psychiater bestätigen, dass die meisten Burnout-Patientinnen und Patienten perfektionistisch veranlagt sind. Sie vermuten, dass man über kurz oder lang eher von einer „perfektionistischen Persönlichkeitsstörung“ sprechen wird. Eine weitere Vermutung ist, dass Perfektionismus auch Angststörungen und Depressionen begünstigt.

Alle, die von Perfektionismus und Versagensangst betroffen sind, haben eines gemeinsam: Ein niedriges Selbstwertgefühl, welches jedoch von außen selten gesehen, jedoch innerlich gespürt wird. Sie haben Angst davor, einen Fehler zu machen und deshalb als Person abgelehnt zu werden, beschämt zu werden.

Diese Angst führt dazu, dass sie innerlich eng werden. Und sich noch mehr anstrengen, um nur ja alles richtig zu machen. Ein Teufelskreis.

Aber: Nicht jedes Streben nach Perfektion ist schlecht!

Die gute Seite des Perfektionismus: Ohne das Streben nach hoher Qualität wäre die Welt ärmer. Und schlechter dran! Mir fallen auf Anhieb viele Berufe ein, in denen ich mir wünsche, dass Perfektionisten am Werk sind. Chirurginnen, zum Beispiel. Das Wartungspersonal am Flughafen, das dafür sorgt, dass Flugzeuge und Flugverkehr reibungslos funktionieren. Handwerker, die den Wasserschaden reparieren. Und viele mehr.

Und über Spitzenleistungen in Sport, Musik und Kunst sind wir doch begeistert! Ohne das Streben nach Vervollkommnung – nach Perfektionismus – wären diese Leistungen nicht möglich.

Der Drang nach exzellenten Leistungen ist also nicht per se schädlich. Menschen mit der gesunden Variante des Persönlichkeitsmerkmals „Perfektionismus“ streben danach, ihre Sache gut zu machen. Sie verfolgen Ziele gewissenhaft und freuen sich über positive Ergebnisse. Gleichzeitig können sie sich auch zugestehen, dass sie auf dem Weg zum Ziel nicht alles richtig machen. Dass es Rückschläge gibt.

Diese Menschen sind zwar Perfektionisten, weil sie wirklich gut sein wollen und etwas erreichen wollen. Sie fürchten sich aber nicht davor, Fehler zu machen, und sie haben keine Angst vor dem Scheitern, keine Versagensangst.

Vor allem aber neigen sie nicht dazu, gleich ihre gesamte Persönlichkeit infrage zu stellen, wenn etwas nicht so klappt wie geplant.

Ein kleiner Perfektionismus-Test: Bist du ein Perfektionist?

Neigst du zu Perfektionismus? Wenn ja: Hast du deinen Perfektionismus im Griff? Oder hast du eher das Gefühl, dass es umgekehrt ist? Dass du in der Perfektionismus-Falle sitzt?

Diese 5 Fragen helfen dir dabei, dich selbst einzuschätzen. Überlege: Welche dieser Aussagen würdest du unterschreiben?

  • Ich muss immer alles richtig machen. Wenn ich etwas nicht perfekt mache, dann bin ich eine Versagerin/ein Versager!
  • Wenn mich jemand wegen eines Fehlers kritisiert, befürchte ich abgelehnt zu werden.
  • Ich kontrolliere häufig doppelt und dreifach, ob ich etwas richtig gemacht habe.
  • Abends habe ich immer das Gefühl, dass ich tagsüber zu wenig gemacht habe. Dann kann ich mich nicht entspannen.
  • Wenn ich eine Aufgabe erfolgreich abgeschlossen habe, kann ich mich fast nie darüber freuen, sondern gehe gleich wieder zur Tagesordnung über. Das war doch selbstverständlich!

Diese Aussagen stehen alle für einen ungesunden, negativen Perfektionismus. Je mehr davon auf dich zutreffen, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass du in der Perfektionismus-Falle sitzt.

Leider reicht es nicht, sich dessen bewusst zu sein. Einer Perfektionistin oder einem Perfektionisten ist mit Sprüchen wie „Dann lass das doch mal liegen!“, „Begnüge dich mit einmal Überarbeiten – statt 3 Überarbeitungs-Durchgängen“, „Delegiere endlich!“ nicht geholfen. Wenn die betroffene Person das könnte, hätte sie es schon lange getan!

Perfektionistinnen und Perfektionisten können nicht einfach locker lassen oder weniger perfekt arbeiten oder delegieren. Der innere Anspruch und die Versagensangst zwingen sie dazu, perfekte Ergebnisse zu liefern. Denn an das Ergebnis ist der eigene Selbstwert gebunden.

Perfektionisten beiderlei Geschlechts sind daher extrem empfindlich gegenüber Kritik. Kritisiert werden bedeutet für sie:

„Du hast einen Fehler gemacht, und das beweist: Du bist einfach nichts wert.
Du hast die Ansprüche nicht erfüllt und bist und bleibst eine Versagerin / ein Versager!“

Perfektionismus und Versagensangst ablegen: Raus aus dem perfektionistischen Denken!

Was also tun, um aus dieser Perfektionismus-Falle zu entkommen? Hier sind 3 Tipps für dich:

Tipp 1: Der Satz „Das ist gut genug!“ 

Überlege bitte: Wie fühlt sich der Satz „Das ist gut genug“ für dich an? Kommt er in deiner Gedankenwelt vor?

Ja? Das ist gut und zeigt, dass der Perfektionismus dich nicht beherrscht.

Nein? Dann probiere einmal Folgendes: Lehne dich zurück und schließe einen Moment die Augen. Und dann sage dir folgenden Satz:

  • Ich muss nicht immer perfekt sein. Mein Bestes – jetzt- ist gut genug!

Höre in dich hinein: Was rührt sich dabei in deinem Inneren? Fühlst du Erleichterung? Oder regt sich Widerstand in dir?

Beobachte, ob du folgende oder ähnliche Gedanken bei dir bemerkst:

  • Was denken die anderen, wenn ich nicht perfekt bin?
  • Es wäre beschämend, wenn ich mich unperfekt zeige!

Wenn das der Fall ist, stelle dir bitte die nächsten Fragen:

  • Was würde wirklich passieren, wenn ich nicht perfekt bin?
  • Was befürchte ich?

Notiere deine ersten spontanen Antworten. Beobachte, ob sie in folgende oder ähnliche Richtung gehen:

  • Aber dann denken alle, dass ich versagt habe.
  • Aber dann denken alle, dass ich nie etwas hinbekomme.
  • Aber dann denken alle, dass ich nur zu faul bin.

Wenn ja, unterziehe diese Gedanken einem Realitäts-Check – siehe Tipp 2.

Tipp 2: Der Realitäts-Check – für einen entspannteren Umgang mit Perfektionismus!

Überprüfe deine Befürchtungen auf die Realität und stelle dir folgende Fragen:

  • Ist deine Befürchtung wirklich wahr?
  • Welche Beweise gibt es dafür, dass meine Befürchtung eintreten wird?
  • Was würde denn passieren, wenn alle genau das über mich denken würden, was ich befürchte?

Stelle dir bitte auch die Worst-Case-Fragen:

  • Könnte ich es überleben, wenn meine Befürchtung eintritt?
  • Wie realistisch ist es, dass das passiert?

Beantworte diese Fragen ehrlich und suche eventuell wieder nach Beweisen, um deine Antworten zu belegen.

Und überlege, was denn passieren würde, wenn du deine Versagensangst ablegst und stattdessen folgende Sätze als Wahrheit akzeptierst:

„Ich muss nicht immer perfekt sein. Ich darf üben, ich darf ausprobieren und Erfahrungen sammeln.“

Tipp 3: Perfektionismus und Versagensangst überwinden mit einer kinesiologischen Übung

Du verspürst Erleichterung oder ein Weit-Werden, wenn du dir den letzten Satz aus Tipp 2 sagst? Ja? Dann empfehle ich dir eine kinesiologische Übung, mit der du das alte, sabotierende Perfektionismus-Muster überschreibst! Und das geht so:

  • Aktiviere deine Lebensfreude, indem du dich leicht und zart auf den oberen Teil deines Brustbeins klopfst. Dahinter ist der Sitz deiner Thymus-Drüse, und die wird durch das zarte Klopfen stimuliert.
  • Während du das tust, wiederhole deine neue Wahrheit: „Ich muss nicht immer perfekt sein. Ich darf üben, ich darf ausprobieren und Erfahrungen sammeln.“

Du wirst sehen: Es funktioniert. Bleib dran – damit du endlich rauskommst aus der Perfektionismus-Falle. Du bist gut genug!

Viel Spaß beim Ausprobieren!

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